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Content Marketing ist nichts Besonderes

Unternehmen kommunizieren aus Gewinninteresse im Rahmen ihrer Marketingaktivitäten oder auf regulatorische Anforderung, z.B. in Form eines Geschäftsberichtes oder Börsenprospekts. Ziel, Anlass und Zielgruppe bestimmen im Wesentlichen die Art der Kommunikationsmaßnahme. All das ist allgemeingültig und verändert sich nicht. Die Umfelder, gesellschaftlich und technologisch, in denen kommuniziert wird, verändern sich dagegen permanent. Eine Konsequenz der Veränderung ist, dass Content Marketing, also die Priorisierung von nutzbringenden Inhalten, zur Zeit bestimmenden Einfluss auf die Kommunikation vieler Unternehmen hat. Aber ging es nicht schon immer um Inhalt?

Was sich geändert hat und warum sich nichts geändert hat

Alle laufen mit Smartphones und Tablets herum und sind permanent mobil online. So mobil, dass Netzabdeckung ein differenzierendes Standortkriterium geworden ist. In Asien werden sogar Gehwegspuren für Smartphone-Nutzer eingerichtet, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Unfälle mit selbstvergessenen Screen-Lesern zu vermeiden. In Europas Cafés und Bussen und Bahnen sowie überall, wo Menschen im öffentlichen Raum unbestimmten Tätigkeiten nachgehen, wird der mobile Screen zum Benchmark für Awareness. Sie bleibt unverändert im Mittelpunkt der Marketingaktivität, auch wenn die Kanäle, denen sie sich zuwenden kann sich vervielfacht haben.

Die Konkurrenz um Aufmerksamkeit ist also dramatisch angestiegen und der Begriff der Aufmerksamkeitsökonomie lässt sich längst in handfesten, steigenden Preisen im Mediabudget messen. Für Unternehmen bedeutet es, dass die Marketingaktivitäten selektiv reduziert oder eben teurer werden. Der Share of Voice zum gleichen Preis ist kleiner geworden bzw. ein gleichbleibender Share of Voice erfordert mehr Budget. Das klingt nach Dilemma und so eines wäre es auch, wenn sich das Marketing nicht anpassen würde.

Content als Nutzenfaktor

Auf der Suche nach Möglichkeiten zur Steigerung der Kommunikationseffizienz verbessern Unternehmen aktuell die Media-Aussteuerung, präzisieren ihre Zielgruppendefinitionen, analysieren Kontext und Relevanz ihrer Botschaften, bauen Expertise in neuen Formaten auf und restrukturieren das Marketing. Fast immer erlebt dabei auch der Inhalt der Kommunikation, der „Content“, eine Renaissance. Content Marketing verspricht Mehrwert. Mit Content, der mehr als nur die Absendermarke und Produktfeatures kommuniziert, kann der Kampf um die wertvollen Sekunden der Aufmerksamkeit entschieden werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Empfänger als Bezahlung für seine Aufmerksamkeit einen Nutzenvorteil erhält. Content kann dabei nicht nur informativ und unterhaltsam, sondern auch loyalitätsfördernd sein und in manchen Fällen sogar konkretes Kaufinteresse wecken und Handlung anstoßen, z.B. Aufrufen einer Website, den Download eines Gutscheins oder Whitepapers, ein Facebook-Like oder sogar den Anruf einer Kontaktnummer.

Gute Beispiele gibt es mittlerweile in allen Branchen und Kanälen. Manche sind so extrem wie das von T-Systems: Die Großkunden- und ICT-Sparte der Deutschen Telekom hat sich seit 2009 immer stärker auf die qualitative Aufwertung ihrer Produktkommunikation konzentriert. Wir haben im Marketing selbst Markt und Trends analysiert und anhand der Bedürfnisse der Kunden konkrete Use-Cases herausgearbeitet hat, die den klaren Kundennutzen bei Anwendung von IT, und konkret durch Einsatz einer Lösung von T-Systems zeigen. Dabei setzt die Marke so stark auf Content Marketing, dass die bisherigen AtL-Maßnahmen fast vollständig eingestellt wurden.

Fast schon Klassiker des wirkungsvollen Content Marketings:

  • PR- und BtL-Maßnahmen im Bereich der Nahrungsmittelindustrie mit Kochrezepten,
  • bei OTC-Pharmaprodukten Beiträge über Infektionskrankheiten und wie man Ansteckung vermeiden kann in der Apothekenzeitung oder
  • in der Kosmetikindustrie Schminktipps in Frauenzeitschriften bis hin zum Make-up-Tutorial auf YouTube mit siebenstelligen Klickzahlen.

Diese Beispiele trotzen, zum Teil über Jahre hinweg, der völligen Übersättigung an Botschaften, aber auch hier setzen sich nur die besten durch und die zeichnen sich heute durch extrem hohe Qualität aus: Gute Fotos, ansprechendes Layout und journalistisch hochwertig aufbereiteter Content! Überhaupt verschwimmt, je besser Content Marketing gemacht ist, die Grenze zwischen Werbung, PR und Journalismus an diesen Punkten mehr und mehr, denn ein großer Teil der Botschaft ist transparent überprüfbare Information, lediglich serviert mit der Tonalität und der Haltung des zahlenden Absenders.

Werbung, die keine mehr ist.

Ist so etwas manipulativ? Auf jeden Fall und genau darum geht es doch auch: Im Sinne einer bestimmten Haltung für oder gegen etwas zu manipulieren. Ich verwende das Wort Manipulation hier bewusst, denn obwohl es im Grunde wertneutral ist, wird es fast immer negativ konnotiert und genauso ist es auch mit Werbung: Wenn man nicht gerade sein Geld damit verdient oder Jünger einer Marke ist, mag man Werbung meist nicht so besonders, und zwar weil sie einfach oft nervt. Content Marketing springt genau in diese Nische und will Werbung sein, die keine ist. Das reduziert Reaktanz, erfordert aber journalistische Qualität und Handwerkszeug wie gute Recherche, Transparenz, umfassende Würdigung eines Sachverhalts usw., um nicht nach hinten loszugehen, indem Leser die Schwächen aufdecken und z.B. in Social Media an den Pranger stellen.

Ab sofort nur noch Content Marketing?

Wirksames Content Marketing birgt enorme Kommunikationseffizienz, weil es Sachverhalte ausführlicher würdigen kann, als viele andere Werbeformen und weil es, wenn gut gemacht, auch sehr langlebig und mit hohem viralen Potenzial ausgestattet ist. Darüber hinaus stiftet es oft weitergehendes Interesse und Dialog in der Zielgruppe. Deswegen nur noch darauf zu setzen, wäre eine kurzfristige Strategie und ein Weg, der fast nur etablierten Marken vorbehalten ist, denn ansonsten ist allein schon die Absenderpositionierung zu aufwändig, um diesen Kanal effizient zu gestalten. Eine starke Marke kann sogar Content vom Wettbewerber für sich nutzen, wie die mutigen Kollegen von SAP schon bewiesen haben (Link).

Am sinnvollsten erscheint es mir, Content Marketing als Detailebene zu den meisten Marketingaktivitäten begleitend vorzuhalten und entsprechend cross über alle verfügbaren Channels zu spielen. Nur so besteht die realistische Chance, dass sich der gute Content auch durchsetzt, denn inhaltliche Qualität allein ersetzt die Vermarktung und damit den Mix der Kanäle und Botschaften nicht.

Link: http://adage.com/article/btob/sap-finds-good-content-a-rival/295356/